Doppeltes Spiel – Blogsoap

Ich hätte mich nie drauf einlassen sollen! So ein Wahnsinn! „Wenn Fluffy erwischt wird, dann drehe ich Henriette den Hals um!“
„Bleib ruhig, sie macht das schon.“
Doch Hendriks Stimme klingt angespannt, ihm ist das auch alles nicht recht. Warum hat die dumme Tucke auch so viel mit ihrem Vater telefoniert, dass der Akku von diesem verfluchten Handy schon ausgelutscht ist? Und worüber haben sie gesprochen? Das Wetter, das Essen in der Anstalt und Mayas Tage im Kindergarten! Nichts, was mir geholfen hätte.
Ich beuge mich hinab und gucke auf den kleinen Monitor. Irgendwie macht es mich noch unruhiger, dass Fluffy heute allein unterwegs ist, ohne das BSEK. Aber dafür war die Aktion einfach zu spontan. Nur Dehkah hängt am Fuß des Gebäudes herum, um aufzupassen.
Aber es geht kein Weg daran vorbei, ich muss mit Heimlich sprechen. Alle anderen habe ich abgegrast. Tina, Henriette, Anna, Madman, Trollbach, die Polizei. Sogar mit Moor, dem Immunulogiechef, habe ich gesprochen. Es ist Zeit, Heimlich damit zu konfrontieren.
Fluffy klettert jetzt zu Heimlichs Zimmer. Der Mann scheint auf das Känguru zu warten, denn Fluffy kann nicht mal klopfen, ehe Heimlich das Fenster aufmacht. Von Überraschung keine Spur mehr, irgendwie sieht er jetzt begierig aus. Er nimmt das Ladegerät aus Fluffys Beutel und schließt das Fenster.
„Puh“, mache ich, als Fluffy auf den Rückweg ist. „Hoffentlich steckt er das Handy gleich rein.“
„Hast doch sein Gesicht gesehen.“
„Hoffentlich.“ Ich krame mein Handy heraus, warte noch einen Augenblick und wähle.

„Federkiel?“
„Wer sonst? Das Känguru vielleicht?“ Wie gut, dass Fluffy das nicht hört.
„Danke, dass Sie mir das Ladegerät gebracht haben.“
Fluffy hoppelt gerade über die Straße, schlüpft unter einem Busch durch und springt in Hendriks Arme, Dehkah hinterher. Ich wuschele über Fluffys Kopf. „Sie können nur froh sein, dass das jetzt alles gut gegangen ist“, grummele ich.
Hendrik gibt Fluffy eine Banane und beginnt, unser Zeug zusammen zu kramen. Was soll ich nur machen, wenn er nächste Woche wieder weg ist?
„Sie wissen ja gar nicht, wie gut das tut, mit Henni und Maya zu sprechen.“
Mit der Kleinen auch? Hoffentlich verplappert sie sich nicht im Kindergarten. „Ich weiß nicht, ob Doktor Madman damit so einverstanden wäre, wenn er das wüsste.“
„Was hat der Ihnen erzählt? Dass ich verrückt bin und unter Medikamenten stehe?“
„So ungefähr.“ Hendrik schultert den Rucksack und sieht mich fragend an. Ich nicke, und wir gehen langsam los.
„Ich tue doch nur so, das wissen Sie doch! Sonst hätten Sie mir doch wohl kaum das Ladegerät gebracht.“
„Warum haben Sie letzte Woche am Telefon so einen Mist geredet?“
„Was würden Sie denn machen, wenn plötzlich ein Känguru Ihnen ein Telefon bringt? Ich musste erst auf Nummer sicher gehen, dass die Leitung auch in Ordnung ist. Das verstehen Sie doch, oder?“
Ja, ich verstehe das. Aber ich sage: „Und Madman spielen Sie einen vor, oder was?“
„Sicher!“ Heimlich lacht. „Die Medis lasse ich schön verschwinden.“
Soll ich ihm das jetzt glauben? Madman hat mir versichert, dass Heimlich wirklich krank ist. Sogar für die offene Zelle hat er eine Erklärung gehabt: Weil Heimlich gut eingestellt sei, kann er sich im Gebäude weitgehend frei bewegen. Und den Patienten tue es gut, wenn sie glaubten, sie könnten ihre Zelle von innen abschließen. Ich schüttele den Kopf. „Wie soll ich Ihnen glauben, Doktor Heimlich? Ich brauche Beweise.“
„Ich weiß“, seufzt er. „Es tut mir leid. Wir hatten keinen so guten Start.“
Das kann man wohl sagen, denke ich, spreche es aber nicht aus.
„Was kann ich machen, um Sie zu überzeugen?“
Ich lächle zu Hendrik hoch. Nicht schlecht seine Methoden. Ich schweige weiter.
„Federkiel? Was kann ich machen, dass Sie mir glauben?“
Jetzt klingt er richtig begierig, mit mir zu sprechen. Ich verkneife mir das Grinsen. „Antworten, Doktor Heimlich. Zum Beispiel auf die Frage, warum Sie da nicht abhauen, wenn die Zellentür offen steht?“
„Ich kann hier nicht weg. Meine Familie ist erst dann in Sicherheit, wenn die ganze Sache aufgedeckt ist. Solange die glauben, ich bin tot, lassen sie Henni und Maya in Ruhe. Ich will nicht, dass die meine Familie benutzen, um mich unter Druck zu setzen. Aber ich kann mich auch nicht mein Leben lang verstecken.“
„Wer?“, frage ich genervt. „Wer ‚die’?“ Ich beuge mich zu Hendrik hin. „Wenn er jetzt wieder mit ‚keine Ahnung’ kommt“, flüstere ich, „lege ich auf.“
Heimlich seufzt. „Die Männer in den schwarzen Anzügen. Die Pharmamafia.“
Aha. „Und wieso sind die hinter Ihnen her?“
„Hinter mir und Trollbach. Deswegen ist er doch auch untergetaucht. Wir haben illegale Forschung gemacht, Medikamente auf DNA-Basis. Wir waren kurz davor, ein Mittel gegen Grippe zu finden. Gegen jede Grippe, verstehen Sie?“
Nein, ich verstehe nicht. „Und was ist daran schlecht?“
„Die Pharmatypen wollen das verhindern, ist doch klar. Geht denen so viel Geld verloren.“
„Warum haben Sie mir damals was von Strahlen erzählt?“
„Wären Sie gekommen, hätte ich von Grippe gesprochen?“
Vielleicht. Vielleicht auch nicht. „Und warum wollen Sie aussteigen? Klingt doch nach Geld.“
„Wegen Maya. Ich hatte auf einmal ihre DNA auf dem Tisch und wollte nicht an ihr experimentieren.“
Aber an anderen Leuten? Doch ich sage: „Können Sie das beweisen?“
„Ja.“
„Wie?“
„Ich habe alle Daten auf einer Festplatte gespeichert.“
„Wo ist die?“
„Versteckt.“
Ich rolle mit den Augen. „Wo?“
„In den Kellergewölben.“ Er schnauft. „Und die suchen danach. Wieso sonst fliegt hier dauernd was in die Luft?“
Ich schüttele den Kopf. „Die Explosion am Kindergarten war laut Feuerwehr ein Unfall. Die haben das Trinkwasser am gestern Abend noch wieder freigegeben. Und das andere war nur eine missglückte Drive-By-Defibrillation.“
„Nein, das sind die Typen. Aber sie finden meine Platte nie.“
Hendrik schließt das Haus auf und lässt mich ein. Er hilft mir aus der Jacke, damit ich weiter sprechen kann. „Und warum verstecken Sie sich dort, wo auch die schwarzen Pharmatypen ein und aus gehen?“
„Was?“
„Als Henriette und ich bei Ihnen waren, vor Weihnachten. Da …“
Heimlich lacht. „Ach, das. Nein, nein, ich wollte euch nur loswerden.“
„Aber die schwarzen Wagen …“
„Das sind die Lieferanten für die Anstalt hier. Und die sind dunkelblau, nicht schwarz.“
Das würde zumindest erklären, wieso Madman das dementiert hat. „Aber in EKG-Dorf haben sie jetzt einen schwarzen Wagen gefunden. Samt Leichen. Alles Selbstmord.“
„Das glauben Sie doch selbst nicht! Mafia und Selbstmord? Die wurden hingerichtet, weil sie meine Platte nicht gefunden haben.“
Mir läuft ein Schauer über den Rücken.
Heimlich schnappt nach Luft. „Da kommt wer, ich muss Schluss machen!“
Und ehe ich etwas sagen kann, hat er aufgelegt. „Idiot“, murmele ich, traue mich aber nicht ihn wieder anzurufen, falls es doch stimmt.
„Und?“ Hendrik schiebt mir eine Tasse Tee zu.
Wir gehen aufs Sofa und ich erzähle ihm, was Heimlich gesagt hat. Hendrik zieht die Stirn kraus. „Trollbach ist nicht untergetaucht. Den habe ich heute Mittag gesehen.“
Wie merkwürdig. Wer spielt hier jetzt ein doppeltes Spiel? Heimlich oder Trollbach? Ich lächele. „Dann werde ich mich mal mit unserem medizinischen Direktor beschäftigen müssen.“

Vorher lesen bei beim Chefarzt, weiterlesen bei N8engel. Hier ist die Zentrale.

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5 Antworten zu Doppeltes Spiel – Blogsoap

  1. Pingback: Monsterdoc – Arzt Blog, Medizin Satire » Für eine Handvoll Pillen – Die Blogsoap

  2. chefarzt schreibt:

    Die Pharmakriminellen … irgendwie habe ich es geahnt. Aber warum machen die Anschläge auf harmlose Bürger wie mich?

  3. Federkiel schreibt:

    @Cheffe: Ich werde mich da mal morgen dran machen, die Angaben von Heimlich zu prüfen. Aber da die Explosion nicht im Untergrund war, könnte es sich tatsächlich um unabhängige Ereignisse handeln. Ich bleibe dran.

  4. Hesting schreibt:

    Wieder mal schön spannend geschrieben. 🙂

  5. Federkiel schreibt:

    @Hesting: Danke! Es passiert ja so viel! Und endlich gibt es eine neue Spur!

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